Sand. Anläßlich des Verbotes der SPD vor 80 Jahren durch die Nazis beschäftigte sich die Vorstandschaft des SPD Ortsvereins mit seiner Geschichte und gedachte am Grab seines Gründungsvorsitzenden Anton Gadumer und dessen Wirken. Anton Gadumer war wie viele in Sand Korbmacher und gründete 1919 mit 37 Jahren nach der November-Revolution den SPD Ortsverein Sand. "Wir blicken in diesem Jahr auf 150 Jahre Sozialdemokratie in Deutschland zurück. Das ist mehr als die Geschichte von Politikerinnen und Politikern oder einer Partei. Es ist die Geschichte von Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass man sein Land und die Welt immer wieder zum Besseren verändern muss. Einer von Ihnen war unser Gründungsvorsitzender Anton Gadumer", so Vorsitzender Paul Hümmer.
Am 22. Juni 1933, also vor 80 Jahren, wurde mit der Sozialdemokratischen Partei die letzte Stütze der Weimarer Republik verboten. Reichsinnenminister Wilhelm Frick erklärte die SPD als „volks- und staatsfeindliche Organisation“ und hat sie verboten. Ihre Einrichtungen wurden zerschlagen, ihre Mandatsträger erhielten Betätigungs- und Berufsverbot. Ihre Mitglieder wurden aus den Verwaltungen gedrängt und das restliche Vermögen der Partei beschlagnahmt. Noch im Juni wurden tausende Sozialdemokraten verhaftet. Als die ersten Konzentrationslager in Dachau und Oranienburg errichtet wurden, waren Sozialdemokraten unter den ersten, der in „Schutzhaft“ genommenen. „Viele Sozialdemokraten haben wegen ihrer Überzeugung einen hohen Blutzoll leisten müssen“, so Hümmer.
Wie in vielen Orten im damaligen Deutschen Reich begann die Machtergreifung Adolf Hitlers am 30. Januar 1933 auch in Sand mit einem Fackelzug. Im März 1933 entfielen auf die NSDAP 427 Stimmen (56,9 %), die somit die Bayerische Volkspartei (331 Stimmen, 39,9 %) klar ausstach. Die SPD blieb bei einen Ergebnis unter 5 Prozent. Neben Anton Gadumer waren noch die Familiennamen Deschner und Krines als Anhänger verzeichnet. Die KPD hatten nach Aufzeichnungen der Nazis 1933 vier Anhänger in Sand. An der Spitze der Gemeinde standen bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 mit Anton Ruß (1. Bürgermeister) und Oswald Ullrich (2. Bürgermeister) zwei Männer der Bayerischen Volkspartei. Bürgermeister Anton Ruß wurde 1935 von den Nazis zum Rücktritt gezwungen.
Auch im Vereinsleben hinterließ die Machtergreifung der Nazis seine Spuren. So wurde 1935 der Sander Turnverein zwangsweise aufgelöst. Der vereinseigene Turnplatz in der Ortsmitte wurde enteignet und die Sportgeräte der Turner wurden beschlagnahmt und dem örtlichen Fußballverein übergeben. Nach dem Krieg 1947 wurde über diese Zwangsmaßnahmen vor der „Wiedergutmachungsbehörde“ gestritten. Sand war zur damaligen Zeit das Zentrum der Korbmacherindustrie innerhalb des Bezirksamtes Haßfurt. Die Lage der Korbmacherfamilien war wegen der Wirtschaftskrise miserabel. Der Verdienst der Korbmacher hatte einen Tiefstand erreicht. Ganze Familien mussten bis spät in die Nacht zusammenarbeiten, um wenigstens das tägliche Brot verdienen zu können. Selbst das Vereinsleben kam aller Orten zum Erliegen, denn viele konnten die Vereinsbeiträge nicht mehr bezahlen.
Im April 1933 bildete sich in Sand eine SA-Gruppe. Wie überall im Land wurde der 1. Mai 1933 gefeiert und zur Erinnerung an die Führer der nationalen Bewegung wurde in Sand der Platz vor dem Schulhaus in „Hindenburgplatz“ und die Straße vom oberen Main bis zur Kreuzung Hauptstraße in „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt. Nach 1933 wurden Reichsarbeitsdienste und Wohnungsbauprogramme eingerichtet. So wurde in Sand durch das Reichsstättenwerk der NSDAP eine kleine Siedlung errichtet. 34 Bewerber hatten sich für einen Hausbau gemeldet. Schließlich wurden mit einem Gesamtbetrag von 21.000 RM sechs Häuser im Ortsteil Wörth errichtet. Am 12. April 1945 war der Krieg und damit das Kapitel NSDAP in Sand beendet. Die Gemeinde hatte 109 Tote oder Vermisste zu beklagen. Die Amerikaner besetzten die Gemeindekanzlei und ernannten Adam Veit zum Bürgermeister. Im Mai 1945 setzten die Amerikaner Johann Popp als Bürgermeister ein. In den ersten Gemeinderatswahlen im September 1945 wurde Johann Popp als erster Bürgermeister bestätigt. Sand hatte zu diesem Zeitpunkt 1845 Einwohner, schloß Paul Hümmer seine Ausführungen.
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Die Mitglieder der SPD – Frauen und Männer – haben Freiheitsrechte und Demokratie erstritten, das Frauenwahlrecht erkämpft und sich jeder Diktatur widersetzt. Darauf können wir stolz sein: Denn nur, wenn man weiß, woher man kommt, weiß man auch, wohin man will! Dies bekräftigten die beiden Vorsitzenden Paul Hümmer und Uwe Hartmann bei der Niederlegung einer Blumenschale am Grab des SPD Gründungsvorsitzenden Anton Gadumer.