Rechtsanwalt Jun sprach zu den Auswirkungen des NetzDG vor der AsJ Unterfranken
Wie ist die Bilanz des Netzdurchsetzungsgesetz nach einem Jahr? Vor einem Jahr noch als Zensurgesetz gescholten, dass die Meinungsfreiheit beenden würde, ist die Apokalypse nicht eingetreten und man hört die Kritiker nur noch leise. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen hatte deshalb den Netzexperten Rechtsanwalt Chan-Jo Jun eingeladen, um seine Erfahrungen zu erfahren.
„Es ist eine echte Revolution ausländische Social-Media-Unternehmen zu regulieren“, lobte Fachanwalt für IT-Recht Jun zunächst den Mut des Gesetzgebers und Heiko Maas, denn die Gesellschaft hierzulande sei in den letzten drei Jahren aus den Fugen geraten und besorgte Bürger posten nun wie normal Aufrufe zur Selbstjustiz. Bisher würden auf Facebook nur im Schnitt zwei Löschungen pro Tag nach dem NetzDG erfolgen und im Übrigen nach den Facebook-Gemeinschaftsregeln. Das liegt vor allem daran, dass das Meldesystem bei Facebook nach dem NetzDG recht versteckt und nur für Insider über das Impressum auffindbar sei. Auch das Melden sei nicht ganz einfach, weil man etwa die URL des zu beanstandenden Beitrags mitteilen müsse, was nur mit einem rechten Mausclick auf die Uhrzeitangabe des Posts möglich sei. Reichlich kompliziert also. Juns Fazit: „Das ist eine Face und daher hat bisher fast Keiner Meldungen nach dem NetzDG gemacht!“ Wer die NetzDG-Löschfunktion nicht findet, kann aber auch eine Mail an facebook schreiben: impressum-support@support-facebook.com.
Der Familienvater Chan-Jo Jun ist über den Verlust von Manieren im Netz besorgt und kritisiert, dass derzeit nicht mal offensichtlich rechtswidrige Äußerungen verfolgt würden. Facebook habe nämlich kein großes Interesse diese Inhalte zu löschen, da diese Kontroversen dem Netzwerk traffic bringen und es somit an dieser „Counterspeach!“ verdiene. Daher fordert er in diesem Zusammenhang auch eine Verschärfung der Beleidigungsdelikte im Strafrecht. AsJ-Bezirksvorsitzender Rechtsanwalt Christopher Richter, LL.M.Eur versprach hierzu einen Antrag an den SPD-Bundesvorstand auf den Weg zu bringen. Juns Wunsch an den NetzDG-Gesetzgeber ist auch, dass er bei fakenews eine Gegendarstellungspflicht im Gesetz vorsieht. Denn warum solle das, was für Medienunternehmen gilt, denn für facebook nicht gelten? Jun, der in Schulen jungen Menschen Verhaltenstipps im Netz gibt, fordert die bayerischen Politiker zudem auf die Defizite im Bereich der Medienpädagogik hierzulande endlich offensiv anzugehen und neue Lehrer anzustellen.