Rückgang der Lebensmittelmärkte am Bayerischen Untermain

20. Mai 2016

Landtags-SPD entwickelt Gesamtkonzept zur Sicherung der Nahversorgung

In jeder vierten bayerischen Kommune gibt es keinen Lebensmittelmarkt mehr. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Läden von 6501 auf 5883 gesunken, wie das bayerische Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion mitteilt. Mittlerweile müssen 510 Kommunen in Bayern ohne eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des alltäglichen Bedarfs auskommen. 158 davon haben nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger. Im Schnitt machten in den letzten 15 Monaten monatlich fünf Läden zu.

Auch am Bayerischen Untermain ist in den vergangenen zehn Jahren ein permanenter Rückgang der Lebensmittelmärkte zu verzeichnen. Gab es im Jahr 2005 im Landkreis Aschaffenburg noch 82 Lebensmittelgeschäfte, so waren es im Jahr 2015 nur noch 72. Im Landkreis Miltenberg sank die Zahl im gleichen Zeitraum von 62 auf 56. Lediglich in der Stadt Aschaffenburg blieb die Zahl der Geschäfte stabil. Unterfrankenweit sank die Zahl der wohnortnahen Lebensmittelmärkte von 723 auf 613 (= ein Minus von 15,2 Prozent).

Die Aschaffenburger Landtagsabgeordnete Martina Fehlner fordert gemeinsam mit ihrem Kollegen Klaus Adelt, Sprecher für kommunale Daseinsvorsorge der SPD-Landtagsfraktion, staatliche Unterstützung für die betroffenen Kommunen: „Wenn Marktmechanismen dazu führen, dass die Nahversorgung gefährdet ist, muss es Aufgabe der öffentlichen Hand sein, etwas dagegen zu tun.“ Als Grund für den Rückzug aus der Fläche sehen Fehlner und Adelt einen tiefgreifenden Strukturwandel und Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel. Denn während die Zahl der Lebensmittelgeschäfte um 9,5 Prozent abgenommen hat, ist die durchschnittliche Verkaufsfläche der verbliebenen Läden um knapp 24 Prozent gestie-gen.

„Die Verlierer dieser Entwicklung sind die kleinen Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 400 Quadratmeter. Das betrifft die Ortskerne im ländlichen Raum ebenso wie einzelne Viertel in den Städten“, erklärt Fehlner. „Wenn das Lebensmittelgeschäft vor Ort schließt, stirbt auch ein Stück Lebensqualität. Gerade die ältere Bevölkerung ist auf eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs angewiesen und junge Familien ziehen gar nicht erst in eine Gemeinde, die keinerlei Einkaufsmöglichkeiten bietet.“

Eine Schlüsselrolle bei der Sicherung der Nahversorgung sieht Fehlner auch in Dorf- und Stadtteilläden. Über 100 von ihnen wurden in den letzten zehn Jahren bayernweit gegründet. Auch am Untermain, wie z.B. in Elsenfeld-Rück, Wiesen, Weibersbrunn und Schöllkrippen-Hofstädten. „Jeder Dorfladen basiert dabei auf der Eigeninitiative vor Ort und dem Engagement der Bürgerschaft“, lobt die Landtags-abgeordnete diese Initiative. Fakt ist aber auch, dass rein statistisch einem neuen Dorfladen sechs geschlossene Supermärkte gegenüberstehen.

Ein sehr gutes gelungenes Beispiel für ein neues Konzept der wohnortnahen Lebensmittelversorgung, ist auch der von der Kommune initiierte und getragene Regionalmarkt in Weilbach. Davon konnte sich die Landtagsabgeordnete bei ihrem Besuch überzeugen.

Die SPD-Landtagsfraktion will ein Gesamtkonzept auf den Weg bringen, um die Rahmenbedingungen für die Gründung von Dorf- und Stadtteilläden zu verbessern und dadurch zu erleichtern. Kernpunkte sind u.a.:

  • Es sollen Servicestellen eingerichtet werden, die bei den Bezirksregierungen angedockt sind. Bisher gibt es keine zentralen Ansprechpartner, die über Fördermöglichkeiten aufklären und bei der Konzeptionierung beratend zur Seite stehen.
  • Nahversorgung muss als kommunale Pflichtaufgabe festgeschrieben werden. Das gibt gerade finanzschwachen Kommunen mehr Handlungsspielraum, für die Unterstützung von Dorfläden.
  • Eine zentrale Förderung durch den Freistaat würde die Neugründung von Dorf- und Stadtteilläden erleichtern und damit verbundene bürokratische Hürden aus dem Weg räumen.
  • Mit Einzelhandelskonzepten könnten Städte und Gemeinden den Erhalt von Einkaufsmöglichkeiten strategisch begleiten. Um die Kosten für solche Konzepte zu stemmen, sollte der Freistaat helfen.