„Das Wirtshaus ist eine Institution mit langer Tradition in Bayern. Es ist Teil unserer gelebten bayerischen Kultur. Es ist ein Ort der Begegnung, des Austausches und auch der Unterhaltung, es übernimmt viele wichtige soziale Funktionen“, so Ulrich N. Brandl, Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern, im Rahmen eines Pressegespräches im unterfränkischen Handthal. Mit ihm diskutierten zum Thema Genuss mit Geschichte? Die Wirtshauskultur in Bayern im Wandel der unterfränkische Bezirksvorsitzende Michael Berghammer, Kreisvorsitzender Edmund Beck, die bayerische Landtagsabgeordnete und tourismuspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Martina Fehlner, Theilheims Bürgermeister Hubert Henig sowie Gastronom Thomas Sauerbrey vom Brunnenhof in Handthal.
Doch diese Wirtshaustradition scheint seit vielen Jahren mehr und mehr an Bedeutung zu verlieren. Laut einer aktuellen Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben viele Wirtshäuser auf dem flachen Land in den letzten Jahren ihre Türen geschlossen. „Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort“, so die Kernthese. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der jüngst vorgelegte Betriebsvergleich des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif): „Zu massiven Bereinigungen kam es erneut bei Gasthöfen und Schankwirtschaften (…). Da dieser Betriebstyp für die gastronomische Grundversorgung von großer Bedeutung ist, gibt diese Entwicklung mit Blick auf eine geringere Versorgungsdichte strukturpolitisch zu denken.“
„Wir wollen die vielen positive Beispiele unterstützen und hervorheben um anderen Mut zu machen“, betonte Brandl. Getreu dem Motto „Wo Wirtshäuser leben können, hat auch der ländliche Raum eine Chance!“ erarbeiteten die Teilnehmer Antworten auf Fragen, wie „Kann und soll dagegen etwas unternommen werden?“ oder „Wie stemmt man sich gegen den negativen Trend?“. Die Verwendung regionaler Produkte im saisonalen Wechsel, das Erschließen von zusätzlichen Absatzmärkten durch Catering, die Zusammenarbeit mit Vereinen, die mittägliche Verpflegung von Kindergarten- und Schulkindern oder das konsequente Ausrichten an den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe sind dabei nur einige Aspekte, die seitens der Wirte umgesetzt werden können.
„Wirtshäuser sind ein Teil der kulturellen Identität und Lebensart Bayerns. Mit ihrem Verschwinden ginge, gerade auch auf dem Lande, ein Stück liebenswerter Lebensqualität verloren. Deshalb setzen wir uns für eine Stärkung des ländlichen Raums in Bayern ein. Es darf nicht sein, dass nach dem Einzelhändler, der Post und dem Arzt nun auch noch das Wirtshaus aus den Orten verschwindet. Auch für den Tourismusstandort Bayern sind die gemütlich-geselligen bayerischen Wirtshäuser von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ob Wandertouristen, Tagesausflügler aus den Städten oder Gäste aus dem Ausland: Für sie ist ein authentisches, regionales gastronomisches Angebot oft ausschlaggebend bei der Wahl ihres Zielortes und für ihre Entscheidung, zu uns zu kommen – und wiederzukommen“, so MdL Martina Fehlner.
Berghammer forderte die Politik auf, die Rahmenbedingungen für den Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur auf den Prüfstand zu stellen: „Hier gibt es die unterschiedlichsten Ansatzpunkte, um Dorfwirtschaften zu unterstützen. Allen voran ist ein einheitlich reduzierter Steuersatz für das gesamte Gastgewerbe Voraussetzung für den Fortbestand der Wirtshaustradition.“ Zudem dürften immer mehr Auflagen und Dokumentationspflichten nicht dazu führen, dass es immer weniger Betriebe gibt, in denen sie angewendet werden könnten.